Am 9./10. November jährt sich das Novemberpogrom 1938 zum 85. Mal. Der organisierte Nazi-Terror in der Pogromnacht richtete sich gegen Menschen jüdischer Herkunft. Es war der Auftakt für eine verschärfte Ausgrenzung und Verfolgung, die am Ende in den millionenfachen Mord an jüdischen Menschen mündete. Verfolgt wurden aber auch alle, die dem Nazi-Regime missliebig waren, besonders die, die offen Widerstand gegen die Diktatur leisteten. Der Arbeiterstadtteil Oberbilk war davon stark betroffen.
Wir gedenken aller Opfer des Naziterrors. Wir werden ihre Namen und Schicksale in Erinnerung behalten, weil die Täter nicht das letzte Wort haben dürfen! Aus personellen Gründen können wir in diesem Jahr am 9.11. keine eigene Gedenkveranstaltung durchführen. Wir rufen dazu auf, sich an den Veranstaltungen der Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte zu beteiligen!
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Im letzten Jahr haben wir stellvertretend für alle Opfer Else Gores und Waldemar Spier gedacht. Die 26 Jahre alte Else Gores wurde wenige Tage vor Kriegsende von einer Heeresstreife wegen angeblicher Hilfe für Deserteure verschleppt und ermordet. Der jüdische Zahnarzt Waldemar Spier hatte die Befreiung des KZ Auschwitz durch die sowjetische Rote Armee noch erlebt, starb aber wenige Wochen später an den Folgen der mörderischen Haft.
Wir freuen uns, dass die Erinnerung an Else Gores in dem Roman der Schriftstellerin Doris Bender-Diebels „Die nicht erschossene Frau“ weiterlebt. Wer die von uns veranstaltete Buchvorstellung Anfang dieses Jahres verpasst hat, hat am 17. Januar 2024 um 19:30 Uhr in der Buchhandlung BiBaBuZe nochmals Gelegenheit, Frau Bender-Diebels mit einer Lesung aus ihrem Roman zu erleben. Ebenfalls freuen wir uns darüber, dass das Gedenken an Waldemar Spier in der Bahnunterführung der Oberbilker Allee mit einem großen Wandbild wachgehalten wird (siehe Foto). Geschaffen hat es der Künstler Konstantin Jackson mit Unterstützung des Vereins „Verbunt Jugendkunst Düsseldorf e.V.“
Wenn wir in diesen Tagen vor allem der jüdischen Menschen gedenken, die dem mörderischen Nazi-Terror zum Opfer gefallen sind, für den das Novemberpogrom 1938 nur der Auftakt war, können wir aber auch nicht dazu schweigen, wenn sich gegenwärtig in Deutschland wieder verstärkt Judenfeindlichkeit in Worten und Taten ausbreitet. Denn Erinnerung ist Mahnung und Verpflichtung zugleich, es nie wieder so weit kommen zu lassen! Der jetzige Krieg in Nahost wurde durch den terroristischen Angriff von Angehörigen der Hamas ausgelöst, die im Süden Israels unterschiedslos eine große Zahl ahnungsloser Zivilisten auf äußerst grausame Weise massakriert und viele als Geiseln entführt haben: Alte und Junge, darunter Kleinkinder und Überlebende des Holocaust, aber auch israelische Araber, Beduinen, thailändische Erntehelfer, junge Menschen aus vielen Ländern, die sich zu einem Musikfestival getroffen haben. Gewalt ist Sprache in physischer Gestalt, schreibt der deutsch-israelische Historiker Dan Diner in der FAZ (25.10 2023). Von der Gewalt der Hamas-Terroristen geht, so Dan Diner, eine genozidale Botschaft aus: Sie stellt der israelischen Bevölkerung einen Vernichtungstod in Aussicht. Das hat uns zutiefst erschüttert und betroffen gemacht. Wir wissen, dass der israelisch-palästinensische Konflikt eine lange Vorgeschichte hat. Aber ein solcher Gewaltexzess lässt sich durch absolut nichts rechtfertigen! Es macht uns fassungslos, dass es Menschen gibt, die dafür Verständnis aufbringen oder gar Freude empfinden.
Dass der Staat Israel seine Bürger gegen solche Gewalt verteidigt, ist legitim. Darüber, ob die dazu eingesetzten Mittel immer verhältnismäßig sind, kann man streiten. Wir nehmen wahr, dass es Betroffenheit, ja, auch Wut und Empörung über die Auswirkungen des gegenwärtigen Kriegs der israelischen Armee gegen die Gruppierung Hamas in Gaza gibt. Denn dieser Krieg bringt auch großes Leid über die dortige Bevölkerung, es sind zahlreiche zivile Opfer zu beklagen, es werden Wohngebäude und Infrastruktur zerstört. Wir verstehen es, wenn das viele Menschen zum Protest auf die Straße treibt. Wir verstehen es aber überhaupt nicht, wenn im Rahmen dieser Proteste das Existenzrecht Israels infrage gestellt wird, Holocaust/Shoah relativiert, oder die Gewaltakte der Hamas gegenüber den Menschen in Israel verharmlost oder gar befürwortet werden.
Nicht streiten kann man darüber, wenn Jüdinnen und Juden hierzulande für das, was gegenwärtig in Gaza geschieht, verantwortlich gemacht, physisch und mit Worten bedroht und beleidigt werden oder wenn jüdische Einrichtungen oder Symbole angegriffen werden! Das ist vollkommen inakzeptabel! Wir treten antisemitischer Hetze in jeder Form entschieden entgegen! Dazu fühlen wir uns vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte besonders verpflichtet. Wir treten als Geschichtsverein für das gedeihliche Zusammenleben der Menschen im multikulturellen Stadtteil Oberbilk ein. Unabdingbar sind dafür Toleranz und gegenseitiges Verständnis. Und deswegen verdienen Antisemitismus und Rassismus, in welchen Spielarten auch immer, weder Verständnis noch Toleranz.
Aktion Oberbilker Geschichte(n) e.V.
Der Vorstand: Dr. Helmut Schneider (Sprecher), Anna Ziener, Thomas L.H. Schmidt