Geschichte im Stadtbild erleb- und erfahrbar machen
Die Oberbilker Geschichtsinitiative und ihr Trägerverein „Aktion Oberbilker Geschichte(n)“ haben sich zum Ziel gesetzt, die Geschichte des Stadtteils an ausgewählten „historischen Orten“ im Quartier erfahrbar und erlebbar zu machen. Wie das gelingen kann, obwohl z.B. aus der industriellen Vergangenheit kaum noch Spuren im Stadtbild sichtbar sind, gehört zu den Herausforderungen, denen sich die Geschichtsinitiative stellen will. Nach ihrem Verständnis ist Stadtteilgeschichte auch weitaus mehr als Industriegeschichte. Damals war mit der Industrie und den zugewanderten Arbeitskräften auch „eine vielsprachige, fremdartige, künstlich geschaffene neue Welt aus vielerlei Kulturen“ entstanden, wie es der in Oberbilk geborene Schriftsteller Dieter Forte ausgedrückt hat. Geschichte umfasst deshalb nicht zuletzt auch die Geschichte der Zuwanderung, die den Stadtteil seit seiner Entstehung im 19. Jahrhundert geprägt hat und in anderer Form bis heute prägt.
Geschichte beginnt zudem nicht erst ab einem bestimmten Zeitpunkt, sie reicht vielmehr bis in die Gegenwart. Jeden Tag wird aufs Neue Geschichte gemacht! Darüber hinaus werden historische Ereignisse und Fakten von den Menschen je nach Lebenslage und Interessen sehr unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert. Deswegen existiert nach unserem Verständnis Geschichte auch nur im Plural: Unbestreitbare Fakten wie z.B. die Existenz eines Stahlwerks auf dem Areal hinter dem Hauptbahnhof oder die Barrikaden der Spartakisten im April 1919 auf dem Oberbilker Markt spiegeln sich immer in einer Vielzahl von persönlichen Wahrnehmungen und erlebten Geschichten wider.
Diese Geschichten wollen wir über Gespräche und Interviews mit Zeitzeugen, die aufgezeichnet und digital zugänglich gemacht werden sollen, lebendig werden lassen. Aber auch historische Quellen, in denen Zeitzeugen zu Wort kommen, sollen dazu herangezogen und ausgewertet werden. Ein wichtiges Anliegen dabei ist es, dass auch die Zuwanderer, die Menschen mit Migrationsgeschichte, die heute in Oberbilk die Mehrheit der Einwohner ausmachen, einbezogen werden, dass sie ihre Geschichten erzählen können und ihre Stimme gehört wird. Schließlich wollen wir auch jungen Menschen historische Themen nahebringen, indem wir verdeutlichen, wie sehr zurückliegende Entwicklungen auch das Leben im Hier und Jetzt beeinflussen: das umfasst alle Bereiche der Gesellschaft, von Stadtentwicklung und Städtebau über Wirtschaft, soziale und kulturelle Entwicklungen bis hin zur Politik.
Wir haben uns Einiges vorgenommen. Es wird sich nicht alles sofort realisieren lassen, aber wie jede große Reise beginnt auch unser Vorhaben mit dem ersten konkreten Schritt. Zur Diskussion stehen derzeit das Oberbilker Stahlwerk und der Oberbilker Markt als zwei „historische Orte“, an denen wir mit der Umsetzung unserer konzeptionellen Ideen starten wollen.