Historischer Ort: Das Oberbilker Stahlwerk

Auf dem heutigen Bertha von Suttner-Platz am Ost-Eingang des Hauptbahnhofs erinnert mit Ausnahme von zwei etwas versteckten und leider nur nachlässig gepflegten Hochreliefs nichts mehr an die Zeit, als hier das Oberbilker Stahlwerk stand – immerhin von 1864 bis zur endgültigen Aufgabe im Jahr 1979.

Das aus drei übergroßen Skulpturen bestehende, von dem Künstler Horst Antes geschaffene Kunstwerk in der Mitte des Platzes wurde zwar aus Edelstahlplatten der Firma Thyssen, dem langjährigen Eigentümer des Stahlwerks, geschnitten. Als Verweis auf die frühere Nutzung des Platzes war es vom Künstler aber wohl nicht gedacht. Es ist eher als Rätselbild zu Grundfragen menschlicher Existenz zu verstehen, dessen Sinn man sich selber erschließen muss.
Carl Poensgen, Angehöriger der aus der Eifel stammenden Unternehmerfamilie Poensgen hatte das Stahlwerk 1864 zusammen mit Friedrich Giesbers gegründet, später kamen Angehörige der belgischen Unternehmerfamilie Piedboeuf als Mitgesellschafter hinzu. Der hier produzierte Stahl wurde u.a. zu Eisenbahnschienen, Radachsen, Schiffs- und Turbinenwellen sowie zu Stahlröhren verarbeitet, im benachbarten Röhren- und Eisenwalzwerk an der Kölner Straße und ab 1923 auch im Röhrenwerk Reisholz. 1866 hatte das Oberbilker Werk 120 Beschäftigte, am Vorabend des 1. Weltkriegs waren es bereits 1.200 Arbeiter. 1906 wurde es von August Thyssen übernommen und war dann seit 1926 Teil der Thyssen-Bornemisza-Gruppe.

Das Oberbilker Stahlwerk blieb von der in den 1960 Jahren einsetzenden wirtschaftlichen Strukturkrise nicht verschont. Als das Unternehmen Anfang der 1970er Jahre von Mannesmann übernommen wurde, war die Stahlerzeugung bereits eingestellt worden. Schon im Jahr 1962, damals waren im Oberbilker Stahlwerk noch 1.100 Arbeitskräfte tätig, hatte sich das Unternehmen gegenüber der Stadt Düsseldorf verpflichtet, bis spätestens Ende 1986 das Werk zu räumen, die Aufgabe des Standorts wurde dann sogar vorzeitig bereits 1979 abgeschlossen. Damit war der Weg frei für ein neues Kapitel der Stadtentwicklung: Auf dem Gelände des Oberbilker Stahlwerks sollte dann in den 1980er Jahren die sog. City-Ost mit dem Bertha von Suttner-Platz entstehen. Die Oberbilker Bevölkerung erhielt im Zuge dieser Neugestaltung auch erstmals einen direkten Zugang zum Hauptbahnhof. Zuvor war der Bahnhof für die Bewohner*innen Oberbilks nur über den Umweg der Kölner oder Ellerstraße und durch die dunklen Unterführungen unter den Bahngleisen hindurch zu erreichen.

Quelle zur Geschichte des Oberbilker Stahlwerks: Wessel, Horst A. (2018): Stahlerzeugung in Düsseldorf. In: Mauer, Benedikt/Stahl, Ennno (Hrsg.): Düsseldorfer Erinnungsorte. Essen, 307-312.